Gemeinsam mit Robin Wood e.V. arbeiten wir seit Juli am Ökostrombericht für 2019 und wollen auf einer interaktiven Plattform den Ökostrommarkt in Deutschland verständlich und transparent machen. Nach über einem Monat Recherche haben wir erste spannende Erkenntnisse gewonnen und dabei bemerkt: Informationen zu deutschen Ökostromanbietern zu finden ist schwieriger als gedacht!
Für unseren Ökostrombericht brauchten wir zunächst Angaben über alle Stromanbieter aus Deutschland, die ausschließlich Ökostrom anbieten. Diese Information ist für uns besonders wichtig, denn in unserem Bericht wollen wir kein Greenwashing unterstützen. Daher bleiben jene Stromversorger unberücksichtigt, die u. a. auch Strom aus Kohle- und Atomkraftanlagen verkaufen. Außerdem interessierten wir uns u. a. dafür, wie sich der Ökostrommarkt in den vergangenen Jahren verändert hat, wie viel Ökostrom bereits produziert und von deutschen Haushalten bezogen wird und wie stark in Erneuerbare Energien investiert wird.
Zum Gesamtüberblick über den Markt sind wir nach kurzer Suche vor allem beim Umweltbundesamt (UBA) fündig geworden. Auf der Webseite des Amtes gibt es im Bereich “Daten” viele Datensätze und Grafiken, die teils umfangreiche Informationen liefern, z. B. zur Stromerzeugung aus den Erneuerbaren Energien oder den vermiedenen Treibhausgasemissionen durch die Nutzung dieser. Einige der Datensätze stehen bereits in einem maschinenlesbaren Format zum Download zur Verfügung, andere gibt es bisher leider nur als PDF. Informationen zur Entwicklung der Erneuerbaren Energien, u. a. zum Energieverbrauch und den Investitionen, gibt es auch beim Bundeswirtschaftsministerium. Die Bundesnetzagentur veröffentlicht außerdem einen Bericht zum Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) mit Zahlen u. a. zur regionalen Verteilung und dem Einspeisemanagement. Zur Netzeinspeisung des erzeugten Ökostroms liefert auch das Statistische Bundesamt eine datenbasierte Übersicht.
Die Suche nach Informationen zu Ökostromanbietern gestaltete sich dagegen bisher schwieriger. Die Bundesnetzagentur stellt zwar eine Liste mit Stromversorgern in Deutschland online zur Verfügung. Diese umfasst insgesamt ca. 820 Anbieter, enthält allerdings keine Daten zu Ökostromtarifen oder weist jene Lieferanten aus, die ausschließlich Ökostrom anbieten. Auf Nachfrage teilte uns die Bundesnetzagentur mit, dass solche Informationen nicht gesammelt werden. Im Monitoring-Bericht 2018 zum Elektrizitätsmarkt, der jährlich von der Bundesnetzagentur zusammen mit dem Bundeskartellamt herausgegeben wird, befinden sich aber Hinweise darauf, dass die befragten Lieferanten auch Auskunft über ihre Lieferung von Ökostrom geben (siehe Monitoring-Bericht 2018, S. 301). Da man uns diese Informationen bisher nicht mitteilen wollte, haben wir eine nun offizielle Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) an beide Behörden gestellt. Auch dem Bundeswirtschaftsministerium liegt eine Anfrage hierzu vor. Eine weitere Quelle ist auch hier das UBA, das gerade den Bericht Marktanalyse Ökostrom II veröffentlicht hat. Demnach gab es 2017 insgesamt 921 Lieferanten, die mindestens ein Ökostromprodukt im Angebot hatten. Diese Daten wurden von einem externen Dienstleister selbst erhoben und stehen nicht als Open Data zur Verfügung. Außerdem führt das UBA auch das Herkunftsnachweisregister, wo alle Produzent/innen, Händler/innen und Lieferant/innen von Strom in Deutschland registriert sind. Inwiefern uns hieraus Daten zur Verfügung gestellt werden können, wird gerade geprüft.
Neben den behördlichen Quellen gibt es eine Vielzahl von Vergleichsportalen wie Verivox.de oder Check24.de. Diese bieten zwar einige Informationen zu Ökostromanbietern und -tarifen, nehmen aber keine Bewertung anhand bestimmter Ökostrom-Kriterien vor, sodass nicht ersichtlich wird, welche Anbieter “reine” Ökostromanbieter sind. Bezug genommen wird hier stattdesssen auf Ökostrom-Zertifizierungen, vor allem ok-power und Grüner Strom, die selbst aber nur Listen mit Ökostromversorgern online bereitstellen, die als gesamtes Unternehmen oder für einzelne Tarife das jeweilige Siegel erhalten haben. Die Zertifizierung richtet sich nach bestimmten Kriterien und ist kostenpflichtig. Grüner Strom hat aktuell 92 Tarife von 74 Anbietern zertifiziert, ok-power zeichnet 75 Tarife von 72 Anbietern aus. Auch die EcoTopTen von Ökotest bzw. dem Ökoinstitut empfiehlt die genannten Ökostrom-Label, hat aber teilweise noch einmal andere, eigene Bewertungskriterien. Das Magazin Energie & Management veröffentlicht regelmäßig eine Ökostrombefragung mit Informationen zu Anbietern und Tarifen. Die Daten sind jedoch nicht frei zugänglich. Der Bericht kann nur kostenpflichtig erworben werden. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BdEW) führt keine Liste.
Diese ersten Ergebnisse zeigen, dass es zwar viele Anlaufstellen und Listen gibt, aber die Datengrundlage jedes mal eine andere ist: Häufig beruht diese auf eigenen Datenerhebungen oder es herrscht wenig Transparenz darüber, wie die dahinterliegenden Daten überhaupt zustande gekommen sind. Nicht alle Daten sind als Open Data frei zugänglich. Und jedes Portal, das Stromversorger oder Tarife miteinander vergleicht und/oder bewertet, legt unterschiedliche Kriterien dafür an, was guter Ökostrom ist. Keiner der vorhandenen Datensätze, die wir bisher gefunden haben, erfasst vollständig alle Ökostromanbieter in Deutschland. Ursachen hierfür liegen sicherlich darin, dass es keine einheitliche Definition von Ökostrom gibt, und dem sich ständig verändernden Markt. Um Bürger/innen und Unternehmen eine gute Entscheidungsgrundlage für die Wahl eines geeigneten Ökostromtarifs zu bieten, wäre jedoch mehr Transparenz und eine gute, einheitliche Datengrundlage dringend notwendig! Eine offizielle Schnittstelle bei einer Behörde wie der Bundesnetzagentur, die solche Informationen zusätzlich zu den bereits erhobenen Daten regelmäßig erfasst und öffentlich zugänglich macht, wäre hier ein guter Anfang.
Ihr habt Fragen oder weitere Ideen, wo Daten zum Thema Ökostrom zu finden sind? Dann meldet euch bei uns: info@umweltdatenschule.de.
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